Sammy Kovac: Der Tag
Texte von Frauen aus der Justizanstalt Schwarzau (1)
Sammy Kovac war von 2003 bis 2007 in der JA Schwarzau inhaftiert. Sie ist eine der Protagonistinnen in Tina Leischs Film „Gangster Girls“. Im Laufe der Arbeit an dem Film begann sie zu schreiben. Der Augustin veröffentlichte diesen ersten Teil von Sammys Berichten über ihre Zeit hinter Gittern in der Ausgabe 12/2008. [ > ]
Es war Freitagabend. Mein Freund und ich hatten wie immer gestritten, und meistens, wenn wir uns streiten, eskaliert unser Streit. Es endet dann immer so, dass wir uns gegenseitig schlagen. Wir schlugen uns und er ging. Sebastian ging weg. Ohne irgendein Kommentar. Sein Handy war ausgeschaltet. Am nächsten Morgen traf ich einen Freund von ihm. Der gab mir einen Brief von Sebastian, in diesen Brief stand, dass es aus ist, und dass er mit mir keinen Kontakt mehr haben will. Ich ging mit seinem Freund auf einen Kaffee, und ich sagte zu ihm: “Ich glaube, ich komme bald in das Gefängnis.”, denn ich hatte jetzt zweimal hintereinander davon geträumt. Der Freund fragte mich, was ich jetzt machen werde. Ich gab ihm zur Antwort: “Ich fahre nach Wien um mir etwas zu kaufen. ” Er sagte : “Wir sehen uns später!” Ich sagte: “Okay.”
Ich fuhr nach Wien und besorgte mir Drogen. Am Bahnhof hatte ich gleich eine Line genommen und fuhr zurück. Was dann geschah weiß ich nicht mehr, da ich von diesen Moment an andauernd unter Drogen stand. Montag morgen ging ich vollgedröhnt durch die Straßen. Auf einmal dachte ich: Wenn ich einen Raub mache, dann kommt Sebastian zu mir zurück, denn da haben wir Geld. Ich beschloss mir eine Spielzeugpistole zu kaufen, was ich auch tat. Damit ging ich dann in eine Trafik und schaute mir ein paar Zeitschriften an. Dann kam die Kassiererin und stellte sich zur Kasse. Ich weiß nicht, was ich zu ihr sagte. Irgendwann gab sie mir das Geld und ich lief aus der Trafik hinaus. Auch die Kassiererin rannte hinaus und schrie, dass ich sie ausgeraubt habe. Ein älterer Mann verfolgte mich mit dem Fahrrad. Ich lief nach hause in die Wohnung. Von meiner Wohnung aus hörte ich überall Sirenen. Ich rufe Sebastian an. Doch er hebt nicht ab. Ich schrieb in eine Sms, und nach ein paar Minuten oder Sekunden rief ich nochmals an und er hebt ab. Ich erzählte ihm was ich gerade gemacht habe . Sebastian fragt mich wo ich bin. Ich sagte, in unserer Wohnung. Er sagte: “Nimm ein paar Sachen und fahre zu meiner Mutter.” Ich sagte: “Ich will dich und deine Mutter nicht mit hineinziehen.” Sebastian sagte: “Wenn du dich stellst, dann ist es ein Milderungsgrund, aber du musst für ein paar Jahre ins Gefängnis. Du hast noch 22 Monate offen. Ich sagte: “Okay, ich stelle mich. Ich will nicht, dass ihr Probleme habt.” Er sagte er lässt mich nie im Stich und ist immer für mich da, was ich ihm damals auch glaubte. Also packte ich anschließend meine Sachen zusammen und rief selbst die Polizei an, die mich dann in meiner Wohnung verhaftet haben. Sie nahmen mich mit auf die Polizei dort händigte ich ihnen das Geld und meinen Reisepass aus. Ich machte meine Aussage und es gab natürlich auch eine Gegenüberstellung. Ich wurde eindeutig identifiziert, was ja auch nicht schwer war und eigentlich unnötig da ich mich ja selbst gestellt habe. Ich wusste, dass ich wahrscheinlich sechs oder sieben Jahre bekommen würde. Danach folgte eine Tatrekonstruktion. Und anschließend brachten sie mich in das Landesgericht. Dort kannten sie mich schon den einen halb Monate zuvor wurde ich entlassen. Da war ich für zwei Monate dort gewesen. So kannte ich schon ein paar Leute. Meine Anklageschrift bekam ich schon nach ein paar Tagen, da ich mich ja selbst gestellt hatte, und den Termin für die Verhandlung hatte ich auch sehr schnell. Die Verhandlung hatte ich nach ein einhalb Monaten. Ich wurde zu zweieinhalb Jahre plus zweiundzwanzig Monate verurteilt. Um einiges weniger als ich gedacht hatte. Sebastian kam zwei Jahre lang auf Besuch, aber nicht regelmäßig. Aber daran konnte ich nichts ändern. Zwei Wochen nach meiner Verurteilung kam ich in das Frauengefängnis in die Schwarzau. Als ich dort ankam schauten einige Frauen aus dem Fenster um zu sehen wer da aller kommt und wie viele. Ein schreckliches Gefühl, überhaupt, wenn man so wie ich alleine aus dem Bus aussteigt. In die Schwarzau wollte ich absolut nicht da man über die Schwarzau schlechte Sachen hört, was zum Großteil aber eigentlich nicht stimmt. So da bin ich nun im einzigen Gefängnis in Österreich für langsträfige Frauen. Hier in der Schwarzau wird alles zusammen gewürfelt. Man kann sich nicht aussuchen mit wem man in einer Zelle liegt. Zu mindestens nicht gleich, man kann später fragen,ob man in eine bestimmte Zelle verlegt wird. Manchmal sagen sie ja, bei andren sagen sie nein. Auf was das ankommt, weiß ich nicht genau, aber ich denke: ob man einem zum Gesicht steht oder nicht. Ich war mit vielen verschiedenen Frauen in den viereinhalb Jahre in einer Zelle, oder habe manche so von der Arbeit und vom Spaziergang kennen gelernt. Ich war mit Betrügerinnen, Menschenhändlerinen, Einbrecherinnen, Drogenhänderinnen, Kindesmörderinnen, Mörderinnen, also mit vielen anderen so quer durch die Palette durch. was es halt so alles gibt. Eines darf man hier nicht tun: die Fälle und die Urteile miteinander vergleichen, denn das hat keinen Sinn und man ärgert sich nur darüber.Ob es gerecht zu geht? Nein, in meinen Augen nicht, zu mindestens was die Strafen angehen. Mit mir war eine Frau in Haft, die hat ihre eigenen zwei Kinder umgebracht und eingemauert. Sie hat vier Jahre dafür bekommen, sie ist kurz vor der Halbstrafe entlassen worden. Ich meine sie hat unschuldige kleine Kinder umgebracht, die sich absolut nicht wehren können und bekommt dafür gerade mal vier Jahre was in meinen Augen viel zu wenig ist und darf noch vor der Hälfte nach Hause. Liebe Leute, das ist doch nicht gerecht oder??? Wo bleibt da bloß die Gerechtigkeit! Dann war eine Frau in meinem Alter, ein Junkie , die hat drei schwere Räube gemacht und bekommt dafür zwei einhalb Jahre und geht mit dem Drittel nach Hause.Viele Leute bekommen Drittel oder werden bedingt entlassen wo man in Vorhinein weiß, dass die kurze Zeit später wieder kommen werden.Hier in der Schwarzau gibt es mehrere Abteilungen.
Jugendabteilung
Diese Abteilung ist für Jugendliche bis Maximum 25 Jahre. Man muss sich diese Abteilung wie eine Wohngemeinschaft vorstellen. Hier gibt es nur Zweierzellen und Einzelzellen. Telefonieren kann man so oft wie man will mit den Nummern, die man sich einspeichern hat lassen. Es gibt eine Dusche und eine Küche. Die müssen die Jugendlichen selbst in Ordnung halten und täglich putzen. Jede Zelle - das gilt für alle Abteilungen- hat einen Fernseher. Die Zellentüren sind von 6 Uhr bis 20 Uhr offen. Jede Zelle hat einen Kühlschrank, auch das ist im ganzen Haus so. Die Zellentüren können die Insasinnen selber unter Tags zu sperren.
Erstvollzug
Diese Abteilung ist genau so wie die Jugendabteilung bis auf das, dass es hier Zweierzelle, Dreierzelle,Viererzelle, und eine Sechserzelle gibt, und dass hier die Erwachsenen sind. Ansonsten ist sie ganz genau gleich wie die Jugendabteilung.
Normalvollzug
Diese Abteilung unterscheidet sich von den anderen, da hier die Zellentüren ständig zu sind. Man kann hier nur einmal in der Woche telefonieren. Wenn man Duschen gehen kann öffnet die Beamtin Zelle für Zelle die Türen. Ist eine Zelle fertig, wird diese wieder zu gesperrt und die nächste geöffnet. In dieser Abteilung gibt es Viererzellen, Dreierzellen und Zweierzellen. Aber die meisten sind Viererzellen. In dieser Abteilung befindet sich auch der Einzeltrakt. Das sind die Einzelzellen. Es gibt einen Klubraum, wo die Insasinnen für zwei Stunden hingehen können täglich. Am Wochenenden ist der Klub drei Stunden. Das ist ein Raum, wo man kochen und Wäsche waschen kann. Mit ein paar Tischen und Sesseln. Dieser Klubraum ist nur für diese Abteilung und die einzige Zeit, wo man aus der Zelle kann, abgesehen wenn man arbeiten oder spazieren geht.
Endvollzug
Der Endvollzug ist genauso wie der Erstvollzug. Hier kommen die Leute hin, die kurz vor der Entlassung sind. Und man kann hier bis 20 Uhr in den Hof spazieren gehen. Nur nicht die eine Stunde wo die anderen drei Abteilungen spazieren sind.
Wohngruppe
Die Wohngruppe ist gleich wie der Endvollzug. Hier ist der Unterschied das die Zellentüren Tag und Nacht offen sind und das man zum Billa einmal in der Woche einkaufen gehen kann.
Freigang
Am Freigang können die Leute hin die ein Jahr vor der voraussichtlichen Entlassung sind und die gehen raus arbeiten und kommen eigentlich nur zum schlafen herein.
Arbeiten gehen ist hier Pflicht kein Arbeiten keine Ausgänge. Es gibt hier verschiedene Arbeitsmöglichkeiten: Näherei, U-Betrieb, Garten, Standküche, Beamtenküche und die Wäscherei.Im U-Betrieb macht man verschiedene Dinge so wie öko-boxen falten und andere Schachteln Falten. Gummi zupfen gehört auch dazu.Die Standküche ist die Küche für Insassinnen. Der Verdienst ist zwischen 50 und 70 Euro im Monat, was man hat zum einkaufen. Der Rest kommt auf die Rücklage und das bekommt man erst bei der Entlassung. Einkaufen kann man hier einmal in der Woche da kommt der Spar von draußen rein.
Ausgänge sind möglich drei Jahre von der voraussichtlichen Entlassung. Das ist bei jeder verschieden. Es gibt drei stufen: drei Jahre vor Entlassung zwei Ausgänge im Quartal, zwei Jahre vorher vier Ausgänge im Quartal und ein Jahr vorher sechs im Quartal und am Freigang hat man acht Ausgänge. Wenn man für Ausgang ansucht müssen mindestens zwanzig Euro am Konto sein ansonsten wird der Ausgang abgelehnt.