Sammy Kovac: Der Wasserkocher


Texte von Frauen aus der Justizanstalt Schwarzau (3)

Sammy Kovac war von 2003 bis 2007 in der JA Schwarzau inhaftiert. Sie ist eine der Protagonistinnen in Tina Leischs Film „Gangster Girls“. Im Laufe der Arbeit an dem Film begann sie zu schreiben. Der
Augustin veröffentlicht Sammys Berichte über ihre Zeit hinter Gittern. Im ersten Teil (Der Tag) erzählte Sammy, wie sie wegen eines Spielzeugpistolenüberfalls auf eine Trafik verurteilt wurde. Im zweiten Teil (Das Leben in der Haft) berichtete sie über Konflikte unter den gefangenen Frauen.

Ich war gerade eineinhalb Jahre in Haft. Ich befand mich auf der Jugendabteilung und war mit einem Mädchen namens Maria in der Zelle. Sie provozierte mich schon Wochen lang. Ich hatte zu dieser Zeit schon Ausgänge. An diesen Tag hatten wir wieder einmal Streit. Wie immer. Weswegen, weiß ich heute nicht mehr, aber auf jeden Fall wegen irgendeiner Kleinigkeit.  Sie hatte mich gestoßen und ich wollte sie schlagen, ich  zielte  schon auf Maria, aber dann sagte ich zu ihr: “Nein, du bist es mir nicht wert, dass ich meine Ausgänge verliere.“ Und bin gegangen. Maria lief zur Beamtin und behauptete, ich hätte sie geschlagen. Ich habe zur Wärterin gesagt: “Nein, das stimmt nicht, sie lügt. Ich gebe zu:  ich wollte sie schlagen, ich habe auf sie auf gezielt , aber ich habe es nicht getan. Ich habe zu ihr gesagt, sie ist es mir nicht wert, dass ich wegen ihr meine Ausgänge verliere.” Ich bat die Beamtin, dass sie uns auseinander legt. Die Beamtin sagte nur: “Nein, wenn keine Ruhe ist, kommt eine von euch in den ersten Stock, also in den Normalvollzug.”  Dann war zwei drei Tage Ruhe, dann fing sie wieder an mich zu provozieren, meine Familie und mich zu beschimpfen. Am nächsten Tag, als ich aufstand, wollte ich mir einen Kaffee machen. Schon wieder hatte sie den Wasserkocher in eine andere Zelle mitgenommen wie schon des öfteren:  und dann war Einschluss und ich konnte mir wegen ihr keinen Kaffee machen. So war es an diesen Tag in der Früh auch. Ich habe nach ihr geschrieen weil ich nicht wusste, wo sie war. Ich brüllte, sie soll mir den Wasserkocher bringen.  Ich habe es sicher  zehn bis fünfzehn mal gesagt,  sie sagte immer nur: “Gleich.“ Daraufhin sagte ich: „Ich zähle bis zehn, wenn du ihn nicht bringst, räume ich deine Sachen vom Kasten raus und werfe sie am Boden.“ Das tat ich dann auch. Sie beschimpfte mich und meine Familie so wie am Vortag auch schon. Plötzlich rief mich ein Mädchen und ich ging zur Türe, das Mädchen gab mir den Wasserkocher in die Hand. Ich ging damit zum Waschbecken. Maria schimpfte weiter und räumte meine Sachen aus dem Kasten. Ich schüttete Maria das Wasser drauf, damit sie aufhört meinen Kasten auszuräumen. Ich bemerkte nicht,  dass das Wasser im Wasserkocher heiß ist, in diesen Moment war es mir auch egal. Die andern Mädchen läuteten natürlich an. Die Beamtin sperrte die ganze Abteilung ein. Ich war alleine in der Zelle und Maria wurde in eine andere Zelle gebracht bis 20 Uhr.  Danach wurde meine Zelle aufgesperrt und ich sagte der Beamtin, dass ich sicher keine Nacht mit der Maria in einer Zelle bleibe, nicht einmal eine Sekunde, denn ich garantiere für nichts. Die Beamtin sagte : „Gut, dann kommt sie in die Absonderung.“  Doch dann kam noch eine Beamtin dazu und die sagte, ich sei die Schuldige,  ich müsse in die Absonderung. Mir war es eh egal. Hauptsache nicht in einer Zelle mit Maria! Obwohl meiner Meinung nach gehören zum Streiten immer zwei und nicht nur einer, denn einer alleine kann gar nicht streiten. Ich nahm mein Bettzeug und ab in die Absonderung. Am nächsten Morgen um 6 Uhr ging die Türe auf und die Beamtin holte mich. Ich sagte, ich will weg von der Jugendabteilung ganz egal wohin und wenn es in den Normalvollzug ist, wo man die ganze Freizeit in der Zelle eingesperrt ist.  Ich kam dann in den ersten Stock allerdings nur für zwei Tage. Ich hätte die zwei Tage auch auf der Jugendabteilung bleiben können, aber ich wollte keine Sekunde länger mit Maria auf der gleichen Abteilung bleiben. Danach kam ich in den Erstvollzug, da wurde nämlich ein Platz frei. Viele Leute haben gesagt, das ist unfair das ich im Erstvollzug bin und meine Ausgänge habe. Aber ich wollte ja weg von der Jugendabteilung, ich bin freiwillig gegangen, und dass ich meine Ausgänge behalten konnte, das lag daran das ich zur Frau Oberstleutnant gegangen bin und dass ich gesagt habe: „ Ja, ich habe das gemacht, aber ich habe wirklich nicht gewusst, dass es heißes Wasser war. Und ich habe vorher schon mehrmals darum gebeten, dass wir auseinander gelegt werden, aber nichts ist unternommen worden. Sie hat mich provoziert schon über längere Zeit. Ich weiß, meine Ausgänge kann ich jetzt vergessen.“ Die Frau Oberstleutnant sagte: „Nein, Sie dürfen trotzdem auf Ausgang gehen.“

Damit hatte ich nicht gerechnet. Die meisten andren fanden das unfair. Bei der Verhandlung bekam ich dann sechs Monate wegen des Wasserkochers dazu.